Der Beteiligungsprozess zur außerordentlichen Synode zur Familienpastoral hat auch die deutschen Bistümer erreicht. Der BDKJ hat den Fragebogen in ein verständliches Deutsch übersetzt und bittet um rege Beteiligung junger Menschen. Mit dem bisherigen Rücklauf ist der BDKJ auch schon sehr zufrieden.
Wir in der KjGay haben uns auch Gedanken zur Familienpastoral gemacht und veröffentlichen hierzu unser neues Positionspapier „Familienpastoral für alle Familien“. Über Weiterleitung und Kommentare freuen wir uns sehr!
Familienpastoral für alle Familien
Die KjGay, ein Zusammenschluss von Mitgliedern der KjG (Katholische junge Gemeinde) aller sexuellen Orientierungen und Identitäten, begrüßt ausdrücklich die Beschäftigung der III. außerordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode mit den pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung. Der in diesem Zusammenhang veröffentlichte Fragenkatalog zeigt uns, dass die vielfältigen Formen, in denen sich Sexualität und Partnerschaft manifestieren kann, erkannt und differenziert werden.
1. Partnerschaft und Liebe in der Kirche ermöglichen
Partnerschaften sind ein Ausdruck von persönlichen Gefühlen, Liebe und Zuneigung. Andere Beziehungsformen als lebenslange, heterosexuell-monogame Ehen mit Kindern sind keine politische Aussage gegen die Lehre der Kirche, sondern ein individueller Ausdruck von Liebe und gegenseitiger Verantwortung und die Konsequenz vielfältiger Entwicklungen, die sich oftmals der eigenen Beeinflussung entziehen. Die Beseitigung rechtlicher Diskriminierungen für solche Lebensformen ist deswegen auch kein Angriff auf die Lehre der Kirche, sie unterstützt vielmehr Menschen darin, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Die Öffnung der Ehe für nicht-heterosexuelle Beziehungsformen und die Gleichstellung etwa im Adoptionsrecht stärkt und fördert diese Familien, ohne bereits jetzt rechtlich gewürdigte Familien und Lebensgemeinschaften in irgendeiner Weise zurückzusetzen oder in Frage zu stellen. Auch in nicht heterosexuell-monogamen Partnerschaften werden Werte gelebt, die der Kirche wichtig sind und für sie anschlussfähig sein sollten: Menschen übernehmen aus Liebe Verantwortung füreinander und streben danach, gute und fürsorgliche Eltern zu sein.
Bislang werden katholische Lesben, Schwule und Transidente in den Konflikt zwischen ihrer Art, Liebe und Sexualität zu leben, und der Lehre ihrer Kirche gebracht – ein Konflikt, der sie massiv psychisch wie physisch belastet und ein ungesundes „Doppelleben“ geradezu provoziert, für dessen Aufrechterhaltung Menschen wichtige Teile der eigenen Lebensweise verleugnen oder verheimlichen müssen. Für gleichgeschlechtliche Paare ist es oftmals schwer, ihren Kindern – ob leiblich oder adoptiert – das Gefühl zu geben, Teil einer kirchlichen Gemeinschaft zu sein und Kirche als Ort von Wertschätzung und Geborgenheit erfahrbar zu machen, wenn diese ihre liebevolle Verbindung abwertet, obgleich sie weder schlechtere/bessere Eltern (vgl. Rupp, Marina (Hrsg.) (2009): Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Bundesanzeiger Verlag, Köln) noch schlechtere/bessere Partnerinnen und Partner sind als Menschen in heterosexuellen Beziehungen.
2. Aus der Kirche lernen – Gemeinsam in Vielfalt
Wir nehmen jedoch ebenso wahr, dass es auch innerhalb der katholischen Kirche Orte gibt, die sich diesen Familien öffnen und sie in ihre Gemeinden und Zusammenschlüsse aufnehmen – insbesondere in Vereinigungen der jungen Kirche. Auch wenn nicht-heterosexuelle Paare nicht in der Lage sind, gemeinsame Kinder zu zeugen, so können sie trotzdem wie heterosexuelle Paare Verantwortung für Kinder übernehmen, die sonst ohne (beide) leibliche Eltern aufwachsen würden und so „Mitarbeiter Gottes (…) sein in der Bewahrung der Schöpfung und im Wachstum der Menschheitsfamilie.“ (aus: Vorbereitungsdokument III. Außerordentliche Vollversammlung Bischofssynode: Die pastoralen Herausforderungen
der Familie im Kontext der Evangelisierung., S. 3. Vatikanstadt, 2013)
Wir wollen gemeinsam mit allen Teilen unserer Kirche daran arbeiten, dass wir als katholische Kirche wertebasierte Leitlinien für Partnerschaften finden, die gleich- wie gemischtgeschlechtlichen Partnerschaften, Familien und Ehen Orientierung bieten und die Liebe zwischen Menschen und die Übernahme von Verantwortung füreinander als etwas Besonderes, Schützenswertes und Heiliges wertschätzen. Wenn Papst Franziskus in Lumen Fidei davon spricht, dass „[Der Glaube] eine große Berufung entdecken [lässt], die Berufung zur Liebe, und (…) garantiert, dass diese Liebe verlässlich ist und es wert ist, sich ihr zu übereignen, da ihr Fundament auf der Treue Gottes steht, die stärker ist als all unsere Schwäche“ (LF 53), dann fühlen auch wir Schwule, Lesben, Heterosexuelle, Bisexuelle und Transidente uns mit unserer Fähigkeit zur Liebe angesprochen und berücksichtigt.
3. Sexualität in Verantwortung anerkennen
Dieses Umdenken erhoffen wir uns nicht nur für Partnerschaften, sondern auch für Sexualität. Als Mitglieder eines Jugendverbandes erkennen und leben wir selbst die Realität, dass Sexualität auch außerhalb von Beziehungen und vor der Eheschließung stattfindet. Junge Menschen empfinden das wiederholte Predigen von Enthaltsamkeit und Keuschheit als wenig hilfreich, wenn sie sich von ihrer Kirche Rat und Unterstützung in Fragen der Sexualität erhoffen. Für katholische Jugendverbände ist es daher selbstverständlich, jungen Menschen Antworten bieten zu können, die den Grundsätzen der Einvernehmlichkeit und des verantwortungs- und vertrauensvollen Umgangs miteinander folgen. Zu einer solchen Jugendverbandsarbeit gehört insbesondere das Erlernen eines respektvollen Umgangs mit der eigenen Sexualität und der Sexualität anderer Menschen. Auch die Aufklärung über gesundheitliche Risiken sowie die Information über das Vermeiden ungewollter Schwangerschaften zählen wir zu elementaren Inhalten dieser Bildung junger Menschen, ebenso wie die Stärkung des Selbstbewusstseins von nicht heterosexuell empfindenden Menschen und die Förderung einer Gesellschaft und Kirche, in der Diversität und Pluralität auch in Bezug auf Sexualität gelebt werden kann. Wir sind der Überzeugung, dass erst Aufklärung und Information junge Menschen in die Lage versetzt, selbstbewusst mit der eigenen Sexualität umzugehen – und individuelle Wege zu finden, diese verantwortungsvoll zu leben. Dies kann auch die bewusste Entscheidung sein, bis zur Eheschließung enthaltsam zu leben. Wenn aber dieser Weg als einzig richtiger und wahrhaftiger Weg verkündet wird, verliert die Kirche einen (großen) Teil ihrer Jugend, der auch andere Wege von Sexualität und Partnerschaft verantwortlich lebt.
4. Liebe und Glauben in unserer Kirche ermöglichen
Deswegen fordern wir die Verantwortlichen unserer Kirche auf, den Wert und die Leistung nicht-lebenslanger und/oder nicht-heterosexuell-monogamer Partnerschaften anzuerkennen. Wir möchten Teil einer Gesellschaft und einer Kirche sein, in der individuelle Lebensentwürfe gelebt werden können und Menschen nicht durch ihre gelebte Liebe in Konflikte mit der kirchlichen Morallehre gebracht werden.
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